Westerheim :: Landkreis Unterallgäu :: Als die DM eingeführt wurde

 

 

 

 

ALS DIE DM EINGEFÜHRT WURDE

(Quelle: mündl. Überlieferung von Alois Hebel sen.)

In meiner Jugendzeit arbeitete ich öfters am Abend bei Josef Hafner. Er hatte damals 4 Kühe, aber keine Mähmaschine und somit hatte ich die Aufgabe bekommen, das Gras für seine Heu- und Grummeternte, mit unserem "Kramer-Schlepper" zu mähen. Da Josef Hafner Schuhmacher war, wurde meine Arbeit normalerweise in Naturalien bezahlt. Ich bekam von ihm also hin und wieder ein paar neue Schuhe bzw. eine kostenlose Reparatur meiner kaputten Schuhe.

Aber am 19.06.1948 war das anders. An diesem Samstagabend kam d'r Hafner zu mir und drückte mir 200 Reichs-Mark in die Hand. Ganz erstaunt schaute ich ihn an. Aber er meinte nur: "Diesmal bekommst a Geld fürs Mäha." Voller Freude über diesen unerwarteten Reichtum, lief ich zu meinem Vater in die Küche und zeigte ihm Stolz das viele Geld. Da ging mein Vater zum Herd, öffnete das Herdtürchen und warf das Geld hinein. Daraufhin sagte er: "Siehst du sie noch pfludern, mehr sind die nicht mehr wert !" Mein Vater erklärte mir dann, dass morgen die DM eingeführt wird und die Reichs-Mark somit Vergangenheit ist.

Und tatsächlich - am Sonntag, den 20.06.1948, war es dann so weit. Die Reichs-Mark wurde abgeschafft (Wechselkurs war: 100 Reichs-Mark = 1 DM).

Die Einführung der DM lief folgendermaßen ab:

Die neuen DM-Scheine kamen in fest verschlossenen Stahlblechkisten am Ungerhauser Bahnhof an. Von dort musste das Geld von den Bürgermeistern der umliegenden Gemeinden abgeholt werden. Unser damaliger Bürgermeister Martin Haisch, hängte einen Wagen an seinem Fendt-Diesel-"Roß" an und fuhr am Sonntagmorgen los. Begleitet wurde er von den damaligen Gemeinderäten Koch Magnus, Merk Joseph (Blanka-Baur) und Hebel Anton (meinem Vater).

Die zahlreichen Ami-Militärpolizisten, die das Ausladen und Verteilen der Geldkisten mit geladenen und gesicherten Pistolen überwachten, konnten sich das Lachen nicht verkneifen. Denn die Westerheimer Geldkistenbeschützer hatten keinerlei Gewehre oder Pistolen bei sich, sondern waren lediglich mit Holz-Prügeln "bewaffnet". Aber alles ging gut – der Bürgermeister, die Geldkistenbeschützer und auch das neue Geld, landeten unversehrt in der vorderen Stube des Bürgermeisterhofes.

Den ganzen Tag über, waren der Bürgermeister und seine Helfer damit beschäftigt, das neue Geld auszuhändigen. Jeder registrierte Einwohner bekam 40 DM Handgeld.

Am nächsten Tag, nach der DM Einführung, kam mein Vater zu mir und gab mir 5 DM von dem nigel-nagel-neuen Geld. Unser Nachbar Josef Kirchensteiner feierte im Hirsch-Saal in Ottobeuren eine große Hochzeit (damals fanden Hochzeitsfeiern immer Montags statt). Damit ich zu dieser Hochzeit fahren konnte, hatte mein Vater die 5 DM von dem neu eingeführten Geld abgezwackt. Aber ich wollte dieses Startkapital nicht so leichtsinnig ausgeben und blieb zu Hause.

Etwas bereut hatte ich diesen Entschluss schon und dies hatte folgenden Grund: Jahrelang wurde in Gaststätten nur das fast ungenießbare Käswasser-Bier ausgeschenkt (von dem meistens nur 1 Halbe getrunken wurde). Doch bei der Hochzeitsfeier von Josef Kirchensteiner war das anders. Anscheinend über Nacht, stand plötzlich in den Gaststätten gutes Bier, Wein, Likör und Schnaps zur Verfügung.

Viele Hochzeitsgäste hatten einen riesigen Nachholbedarf an diesen Getränken und sprachen ihnen kräftig zu. Am nächsten Tag jedoch, hatten sie mit den gewaltigen "Nachwehen" dieser ungewohnten Orgie zu kämpfen.

 

 

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